GSB 7.0 Standardlösung

Informationen zu einem Forschungsprojekt des BKA

Compliance-Systeme und ihre Auswirkungen auf die Verfolgung und Verhütung von Straftaten der Wirtschaftskriminalität und Korruption

Das Bundeskriminalamt hat zum Thema: „Compliance-Systeme und ihre Auswirkungen auf die Verfolgung und Verhütung von Straftaten der Wirtschaftskriminalität und Korruption“ ein Forschungsprojekt durchgeführt und die Ergebnisse auf der BKA Homepage veröffentlicht.

Das Projekt untersuchte erstmalig die Frage, inwiefern sich die Einrichtung von Compliance-Systemen auf die polizeiliche Aufgabenerledigung und insbesondere die Kommunikation zwischen Unternehmen und Strafverfolgung auswirkt, ob es gegebenenfalls bestimmte Compliance-Systeme gibt, die die Kommunikation fördern und welche Bedingungen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit vorliegen müssen.

Für die Datenerhebung wurden quantitative und qualitative Erhebungsinstrumente verwendet. Aufbauend auf einer zuvor durchgeführten Gruppendiskussion mit Expertinnen/Experten aus den Bereichen Unternehmen, Strafverfolgung und Wissenschaft wurden u.a. standardisierte Fragebögen für vier Untersuchungsgruppen (Polizei, Staatsanwaltschaft, Unternehmen mit Compliance-System, Unternehmen ohne Compliance-System) entwickelt. Im Detail wurden personelle und institutionelle Daten sowie Einschätzungen der Akteure zu folgenden Themenblöcken erfasst:

  • Wahrgenommene Veränderungen durch Compliance
  • Anzeigeverhalten
  • Erfahrungen in der Zusammenarbeit
  • Maßnahmen zur Förderung der Zusammenarbeit.

Im Rahmen der bundesweiten Befragungen konnten die Antworten von insgesamt 371 Großunternehmen, 238 Polizeivollzugsbeamtinnen/Polizeivollzugsbeamten und 145 Staatsanwältinnen/ Staatsanwälten ausgewertet werden.

Auszüge aus den Ergebnissen:

  • Compliance ist in deutschen Großunternehmen stark verbreitet: Ab einer Mitarbeiterzahl von 5.001 Beschäftigten verfügen etwa 80 % der Unternehmen über ein Compliance-System. Diese sind überwiegend präventiv ausgerichtet. Die Entwicklung ist fortschreitend.
  • Durch die Einführung von Compliance-Systemen in Unternehmen ist eine stärkere Professionalisierung bei der Vorbeugung und Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität erkennbar. Bei der Prävention von Wirtschaftskriminalität arbeiten Unternehmen mit Compliance besonders häufig mit externen Dienstleistern zusammen. Eine Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden findet jedoch auf der Präventionsebene selten statt. Hier wird von Seiten der Unternehmen noch Entwicklungspotential gesehen und auch eingefordert.
  • Eine Zusammenarbeit von Unternehmen und Strafverfolgungsbehörden beschränkt sich zum größten Teil auf die Repressionsebene. Drei Viertel der Polizeibeamtinnen/ Polizeibeamten (75 %) und die Hälfte der Staatsanwältinnen/Staatsanwälte (52 %) verfügen über Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit internen Ermittlerinnen und Ermittlern in konkreten Strafverfahren. Deutlich mehr als die Hälfte dieser Strafverfolger/innen empfand die Zusammenarbeit mit internen Ermittlerinnen/Ermittlern als angemessen und zufriedenstellend, so dass sich hier ein insgesamt positives Bild abzeichnet.
  • Je größer das Unternehmen ist, desto höher ist die Anzahl der im Unternehmen bekannt gewordenen Verdachtsfälle. Umgekehrt verhält es sich bei der Anzeigequote: Je größer das Unternehmen ist, desto geringer ist die durchschnittliche Anzeigequote.
  • Unternehmen mit Compliance geben im Vergleich zu Unternehmen ohne Compliance deutlich mehr Verdachtsfälle an, die in den letzten 24 Monaten im Unternehmen bekannt wurden. Die Quantität der im Unternehmen entdeckten Verdachtsfälle kann durch höhere Investitionen in und den stärkeren Einsatz von Kontrollmechanismen gesteigert werden. In diesem Zusammenhang wird insbesondere aus Unternehmensperspektive auf den positiven Nutzen elektronischer Hinweisgebersysteme hingewiesen.
  • In beiden Teilgruppen von Unternehmen liegt die durchschnittliche Anzeigequote allerdings bei ca. 50 Prozent. So werden in Unternehmen mit Compliance-Systemen zwar mehr Verdachtsfälle bekannt und dadurch auch absolut mehr Fälle angezeigt, es kommt aber zu keiner höheren Anzeigequote der Unternehmen mit einem Compliance-System.
  • Aus Sicht der Unternehmen wird die Entscheidung über eine Strafanzeige fallabhängig und deliktsunabhängig getroffen. Die befragten Polizeibeamten geben dagegen deutlich häufiger an, dass nach ihren Erfahrungen, Insiderdelikte und Korruption (eher) nicht angezeigt werden.
  • Eine hohe Schadensumme und die erwartete Überführung der/des Tatverdächtigen fördern die Entscheidung der Unternehmen zur Anzeigenerstattung. Bereitschaft zur Schadenswiedergutmachung und Kooperation der Täterin/des Täters führen dagegen eher dazu, von einer Strafanzeige abzusehen. Weitere Gründe für das Absehen von einer Strafanzeige sind aus Sicht der Unternehmen z.B. fehlende Ansprechpartner bei der Polizei, Angst vor Kontrollverlust und Imageschäden, fehlender Nutzen der Anzeige, mangelnde Ressourcen der Strafverfolgungsbehörden zur effektiven Sachverhaltsaufklärung sowie der Schutz des betroffenen Beschäftigten.
  • Als Grundlage einer erfolgreichen Zusammenarbeit in konkreten Ermittlungsverfahren werden transparentes und kooperatives Handeln, eine offene und regelmäßige Kommunikation sowie Vertraulichkeit und Verbindlichkeit bei Absprachen genannt. Strafverfolgungsbehörden betonen darüber hinaus die Bedeutung einer frühzeitigen Anzeige oder Kontaktaufnahme und die gemeinsame Sichtung und Aufarbeitung verfahrensrelevanter Unterlagen. Unternehmen fordern fundierte wirtschaftliche und betriebswirtschaftliche Kenntnisse auf Seiten der Strafverfolgungsbehörden und einen sensiblen Umgang mit den unternehmensinternen Daten.
  • Der Wunsch nach einer engeren Zusammenarbeit unabhängig von einem Strafverfahren ist bei den Vertretern der Polizei (63 %) und der Unternehmen mit Compliance-System (56 %) stärker ausgeprägt als bei den Unternehmen ohne Compliance-System (49 %) und den Staatsanwältinnen/Staatsanwälten (37 %). Das Legalitätsprinzip und einengende Datenschutzbestimmungen benennen die Strafverfolger und Unternehmen als größte Hürden für eine Zusammenarbeit. Über ein Drittel der Staatsanwältinnen/Staatsanwälte lehnen eine generell engere Zusammenarbeit mit den Unternehmen ausdrücklich ab, da es für präventive Aufgaben der Staatsanwaltschaft keine gesetzliche Grundlage gibt.

Im Rahmen der Projektarbeit wurden aus den gewonnenen Ergebnissen Handlungsempfehlungen erarbeitet, die sowohl in der Managementfassung als auch der Langfassung des Schlussberichtes dargestellt und erläutert werden.

BKA-Studie zu Compliance-Systeme und ihre Auswirkung auf die Verfolgung und Verhütung von Straftaten der Wirtschaftskriminalität und Korruption


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